Transformation zirkulär: Nachhaltige Stadtentwicklung in Berlin Neukölln
2004 in Berlin Neukölln: Auf dem Gelände der Berliner Kindl Brauerei riecht es säuerlich, nach Gerste und Hopfen, LWKs passieren das große Tor – Industrie mitten im Wohngebiet. Ein Flugzeug nimmt Anflug auf den nahen Flughafen Tempelhof, der Fluglärm dröhnt durch die dünnen Scheiben der Altbauten.
Heute, zwanzig Jahre später, hat eine weitreichende Transformation stattgefunden: der Flughafen ist stillgelegt und zu einer innerstädtischen Freifläche für Sport und Kultur geworden. Die Kindl-Brauerei ist an den Rand der Stadt gezogen und am Neuköllner Rollberg gibt es nun ein Zentrum für Kunst, ein Haus des zirkulären Bauens, Räume für Kultur, innovative Ideen und genossenschaftliche Wohnungen. Ein ungewöhnliches Stadtentwicklungsprojekt nimmt Formen an!
Das Gelände der ehemaligen Brauerei wurde 2015 aufgeteilt und an zwei neue Eigentümer*innen verkauft: Das repräsentative Hauptgebäude aus den 1920er Jahren ging in Privatbesitz über – mit der Auflage das Gebäude als kulturellen Ort zugänglich zu machen. Entstanden ist das KINDL – Zentrum für zeitgenössische Kunst. Es bringt künstlerische Positionen nach Neukölln und im sanierten Sudhaus können Besucher*innen die überdimensional großen Bierpfannen erleben.
Der größere Teil des ehemaligen Brauereigeländes mit dem ehemaligem Vollgutlager, einer Fassladehalle und weiteren Flächen wurde durch die Schweizer Stiftung Edith Maryon erworben. Die Institution verfolgt das Ziel der vorherrschenden kapitalgetriebenen Verwertung von Boden entgegenzuwirken und langfristig Bodenspekulation auszuschließen. Die Entwicklung des Geländes in Berlin Neukölln liegt in den Händen der Genossenschaft TRNSFRM e.G., die die Industriebrache langfristig für soziale, kreative und ökologische Nutzungen zur Verfügung stellen und sichern möchte.
Verschiedene Stadtbausteine sind bereits entstanden: so das Haus des Berlin Global Village, in dem Berliner Vereine und NGOs mit migrantischem Hintergrund eine Heimat gefunden haben und das Neubauprojekt “Alltag”, eine temporäre Herberge für Personen in besonderen Lebenslagen. Mit dem CRCLR-House ist ein Zentrum für Arbeiten, Wohnen und gemeinschaftsorientiertes Zusammenleben dazu gekommen. Der Umbau mit Aufstockung der ehemaligen Fassladehalle ist ein Modellprojekt des zirkulären Bauens und nach dem Cradle-to-Cradle-Prinzip errichtet.
Noch ganz am Anfang steht der Bau für die neue Bundesgeschäftsstelle des BUND – Bund für Umwelt und Naturschutz – eine nachhaltige Konstruktion in Holz-Hybrid-Bauweise. Derzeit in vollem Gange ist die Transformation des ehemaligen Vollgutlagers: mehrgeschossige meterhohe Keller, die infrastrukturell und technisch ertüchtigt werden und in denen die Berliner Kulturszene Platz finden soll. Die Transformation des nun Vollgut-Areal genannten Geländes ist noch lange nicht abgeschlossen. Werden Sie Zeuge des Prozesses und erkunden Sie Berlin Neukölln mit einer Architekturführung!