XVI. Architekturbiennale Venedig – „Freespace“
Die irischen Architektinnen Yvonne Farrell und Shelly McNamara, nahmen die Einladung, die Architekturbiennale zu kuratieren zum Anlass, ihre Vorstellungen und Werte in Sachen Architektur in einem Manifest zusammenzufassen. In sieben Thesen bringen sie unter dem Titel „Freespace“ zum Ausdruck, worauf es ankommt. Selbstverständlich auf die Qualität des Raumes, aber auch auf die Menschlichkeit und Großzügigkeit der Architektur. Diese ist in der Lage, ihren Nutzern räumliche Geschenke zu machen, die über das eigentliche Raumprogramm hinausgehen und einen Mehrwert darstellen. Freespace ist darüber hinaus ein demokratischer Raum, in dem wir über das Gestalten für ein würdiges und gesundes Leben nachdenken können und in dem sich Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft treffen.
Die Pavillons der Länder
Viele Länder nehme sich dem Thema nicht nur inhaltlich an, sondern setzen es auch in der Gestaltung ihrer Pavillons um. Die extremsten dabei sind mit Sicherheit die Briten, deren Pavillon schlicht leer geblieben ist. Ein Freiraum per exellence, der für Veranstaltungen, auch denen von anderen Nationen zur Verfügung steht. Auf dem Dach befindet sich eine aus Gerüstelementen gebaute Terrasse, ein weiterer Freespace, der einen neuen Blick über die Lagune und das Ausstellungsgelände öffnet und auf der pünktlich um 16:00 der afternoon tea serviert wird.
Auch Frankreich bietet einen frei nutzbaren Raum an und präsentiert darüber hinaus in direkter Anlehnung an die These aus dem Manifest der Kuratorinnen, das Gebäude demokratische Räume sind, die ein aktives (an den ursprünglichen Entstehungszweck gebundenes) Leben haben und ein passives, das an dieses anschließt und nicht weiter von den Planer kontrollierbar ist, unter dem Titel „unfertige Gebäude“ ausgewählte, mutige Beispiele für neue Nutzungsstrategien.
Auffallend in diesem Jahr die große Zahl an ausgestellten Modellen, kleinen und großen, vielen begehbaren. Von einer Sammlung von Modellen von Peter Zumthor bis zu dem Gewinnern des goldenen Löwen, den Schweizern, die zur Haustour in den nachgebauten Repräsentationen von Apartmentinnenräume einladen.
Freespace-Manifest
In der Seilhalle des Arsenals befindet sich traditionsgemäß der Hauptteil der Ausstellung der Kuratorinnen, eine Sammlung an Projekten, die auf unterschiedlichste Art die Aussagen ihres Manifests umsetzten. Im Anschluss lenkt Italien den Blick auf abgelegene Landschaften und Dörfer, geht auf architektonische Spurensuche und entdeckt im Kleinen Lösungen und Details außergewöhnlicher Qualität. Auch im chinesischen Beitrag stehen die ländlichen Gebiete und deren nach asiatischer Mentalität unternommene Neuorganisation im Vordergrund. Verblüffend der Beitrag Chiles, der an einen geschichtsträchtigen Tag erinnert, an dem den Besetzern der von ihnen okkupierte Grund zugesprochen wurde. Zu dessen Organisation wurde dem Grundriss des Stadions eine Zeichnung der Slums Santiagos überlagert, auch dies ein Freespace-Manifest.
Author: Anabel Gelhaar
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