Belgrad, eine Stadt der Kontraste
Verglichen mit den prächtigen Städten der Welt, voller blendender Architektur und aufregendem Urbanismus, kann man Belgrad im Schatten der jüngsten gesellschaftspolitischen Krisen und des anhaltenden postkommunistischen Übergangs sehen. Infolgedessen gibt es in der Stadt kaum Investitionen, die zu „Star-Architektur“ oder schicken Masterplänen einladen würden. Trotz dessen oder gerade deswegen bietet Belgrad mehr, als einem sofort ins Auge fällt.
Die urbanen Identitäten der Stadt
Belgrad ist eine Stadt, die reich ist an Kontrasten, interessant wegen ihrer Vielseitigkeit und verschiedener miteinander verwobener Identitäten.
Was man sich in Belgrad nicht entgehen lassen sollte, ist das historische Zentrum am Zusammenfluss der Flüsse Sava und Donau. Allzu oft ist die Stadt erobert, zerstört und wieder aufgebaut worden, wegen ihrer strategischen Bedeutung an der Grenze zwischen Orient und Okzident. Infolgedessen verschmelzen verschiedene architektonische Schichten mit modernen Entwicklungen und der Suche nach Identität. Gebäude aus allen Epochen stehen scheinbar Schulter an Schulter, in einem ganz natürlichen Zusammenklang.
Außerhalb des historischen Zentrums entwickelt sich Belgrad zu einer geräumigeren und lärmenderen Stadt, die die Ergebnisse des raschen Wachstums und der Modernisierung von der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts bis in die Gegenwart zeigt. Wenn man sich der Peripherie der serbischen Hauptstadt mit etwa 1,5 Millionen Einwohnern nähert, werden die Fragen der suburbanen Siedlungen aus der sozialistischen Periode und deren Auflösung offensichtlich.
Erinnerungen an Le Corbusier
Das neue Belgrad, das als Hauptstadt für ein neues sozialistisches Jugoslawien nach dem Zweiten Weltkrieg gegründet wurde, stellt ein allgemeines sozialpolitisches Vorzeigeprojekt des ehemaligen Staates dar. Geplant auf der „grünen Wiese“ nach den Vorstellungen von Le Corbusiers Konzept für eine „Radiant City“ zeigt es, wie Moderne und Brutalismus sich mit der zeitgenössischen Architektur mischen, aber auch mit den urbanistischen Auswirkungen einer informellen Wirtschaft und dem sich entwickelnden Firmengeschäft.
Die Wechselbeziehung dieser verschiedenen urbanen Identitäten, das Ungleichgewicht zwischen regulierten und improvisierten Prozessen und die bizarre Mischung aus urbanen und ländlichen Charakterzügen prägen das heutige Stadtbild. All dies macht die Stadt zu einem perfekten Ort für einen inspirierten Reisenden, der die reichen Potentiale und überraschenden Facetten Belgrads mit seinen Schätzen in Bezug auf Architektur, Design und Kultur entdecken will.
Text von: Vesna Vučinić und Miodrag Ninić
Top image: The historical city as seen from the Sava river. Copyright: Ivan Hrnjicek.
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