Guiding Architects @Home – Diese Woche: Henning Nielsen von Guide-A
Hier kommt die neuntes Folge unserer neuen Interviewreihe. Dieses Mal teilt Henning Nielsen von Guide-A in Oslo seine Tips mit uns.
1. Leer
Für gewöhnlich sind viele attraktive Plätze und Gebäude von Einheimischen und Touristen überlaufen, und wir neigen daher dazu, sie aus unserem Alltag auszublenden. Doch nun sind unsere Städte plötzlich leer.
Welche architektonisch und städtebaulich interessanten Orte würdest Du nun bei Euch am liebsten erkunden?
Während die Corona Beschränkungen in Norwegen schrittweise aufgehoben werden, kehrt auf den Straßen und Plätzen von Oslo eine normalere Situation zurück. Ein schöner Ort, den man erkunden kann, ist die neue Badeanstalt in der Bucht von Bispevika, die von den Landschaftsarchitekten Grindaker entworfen wurde, ganz in der Nähe der Oper und des neuen Munch Museums. Gerade erst eröffnet, ist sie schon sehr populär und macht dieses Gebiet am Wasserufer noch attraktiver.
2. Virtuell
In Zeiten der Quarantäne können wir vom Mobiltelefon aus binnen weniger Sekunden rund um den Globus reisen und dank detaillierter Luftbilder und Straßenaufnahmen ungeahnte Einblicke erhalten.
Kannst Du ein Beispiel nennen für eine durch die Sicht vom Himmel determinierte Architektur an Deinem Standort?
Die neue Zentralbibliothek in Oslo, die „Deichmanske bibliotek“, entworfen von Lund Hagem und dem Atelier Oslo, hat ein einzigartiges Betondach, das aussieht wie gefaltetes Origami-Papier. Der Berater für die technische Gestaltung dieser Struktur war das deutsche Unternehmen Bollinger Grohman. Und es ist von oben sichtbar.
Ein weiteres schönes Projekt, nicht nur aus der Vogelperspektive, ist die „modern klassische“ St. Hallvard-Kirche von 1964 von Lund & Slaatto, ein Beispiel brutalistischer Architektur. Das Hauptmerkmal ist eine asymmetrische, umgekehrte Betonkuppel; von oben sieht sie aus wie eine riesige Schüssel.
3. Revitalisiert
In vorangehenden Krisen hat stets die ältere Generation unseren Jungen helfen müssen. Jetzt ist es genau umgekehrt.
Wie geht man in Deiner Stadt mit alter, brachliegender oder verlassener Bausubstanz um?
Oslo ist eine schnell wachsende Stadt, und es gibt nur wenige verlassene Gebäude und Gebiete. Nicht nur Standorte entlang der Uferpromenade, sondern auch Industriegebiete der Nachkriegszeit werden hauptsächlich in neue Wohnprojekte umgewandelt. Das städtische Netz wächst ständig von der Innenstadt nach außen und belebt Stadtteile, die alles andere als trendy waren.
4. Versteckt
Als Guiding Architects warten wir sehnsüchtig auf den Moment, ein dem wir erneut die geheimen Orte unserer Städte besuchen und mit unseren Gästen teilen können.
Kennst Du ein Projekt in Deiner Stadt, das man auf den ersten Blick nicht wahrnimmt.
Oslo kann als „schüchterne“ Stadt bezeichnet werden, es gibt „versteckte Juwelen“, die man, auf sich selbst gestellt, nicht so leicht findet. Ein Projekt, das etwas außerhalb des zentralen Stadtbereichs liegt, ist Valle Wood von Lund & Slaatto, ein Bürogebäude mit massiven Holzelementen in der gesamten Struktur.
5. Wertvoll
Plötzlich sind wir gezwungen, innezuhalten und auf alles Unnötige zu verzichten. Unsere Umwelt bekommt eine Verschnaufpause, und wir können uns endlich auf das Wesentliche konzentrieren.
Kannst Du ein Projekt in Deiner Stadt vorstellen, das auf besondere oder ungewöhnliche Art mit dem Thema Nachhaltigkeit umgeht?
Es gibt viele gute Projekte mit Schwerpunkt auf Nachhaltigkeit und auch ein umfangreiches Programm für solche Gebäude in Oslo und auch in einigen nahe gelegenen Gemeinden; es heisst FutureBuilt.
Für ein einzelnes Projekt möchte ich auf Powerhouse Kjørbo hinweisen, das vom Büro Snøhetta entworfen wurde. Es ist eine Renovierung eines Büroprojekts aus dem Jahr 1980, das jetzt mehr Energie produziert, als es während seiner verbleibenden Lebensdauer verbraucht.
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