Istanbul Lebt – Lebendige Architektur-Lebendige Stadt
Es ist nun eine Weile her, dass Istanbul aus den Überschriften als Stadt zum Verreisen verschwunden ist. „Aus den Augen aus dem Sinn“ bedeutet aber nicht, dass die Stadt und die Bewohner verschwunden sind. Ganz im Gegenteil. Die Lebendigkeit der Stadt nährt sich von der unendlichen Beweglichkeit und dem Wechsel der populären Stadtteile. Der deutlich sichtbare Abstieg der Gegend in und um Taksim und der Istiklal-Straße sind der Grund dafür, dass die Menschen andere Gegenden aufsuchen und sich nun dorthin bewegen.
Neue Architektur in altem Ambiente und schöne Spaziergänge in einem historischen Viertel das sich mit seinem eigenen Potential versucht zu erneuern: Fener und Balat am Goldenen Horn. Die Wohnquartiere der Industriezonen um das Goldene Horn sind nun ein neues Zentrum zum Wohnen, Arbeiten, Studieren und der Freizeit. Universitäten benutzen umgenutzte Industriebauten als Campus wie etwa die Bilgi Universität eine ehemalige osmanische Stromzentrale oder die Kadir Has Universität eine ehemalige Tabak- und Zigarettenfabrik. Eine Fez-Fabrik wurde ein Kulturzentrum, eine Hutfabrik oder ein Salzdepot Bürobauten.
Die Auswirkungen politischer und wirtschaftlicher Fluktuationen auf die Stadt
Unsere Architekturführungen bieten die Möglichkeit die Veränderungen in diesen Vierteln zu beobachten, die wichtigsten Beispiele von architektonischen Erneuerungen und Sanierungen zu sehen und gleichzeitig durch historische Viertel zu schlendern. Fener und Balat sind nur zwei Wohngebiete der ehemaligen Industriezone aus dem 19. Jahrhundert. Dies waren auch einst Viertel der griechischen und jüdischen Gemeinschaft; aber der Völkeraustausch 1923, die Gründung des Staates Israel und politische Ereignisse in den 1940’er und 1950’er Jahren veränderten diese Viertel komplett. Danach waren es Emigranten aus dem Schwarzmeergebiet oder der Südosttürkei die hierher zogen und für eine Gentrification des Viertels beigetragen haben. Die 1950’er Jahre waren eine Zeit in der das Kapital seine Besitzer wechselte, jetzt ist wieder eine Zeit der Veränderungen. Gentrification und das Auf-und Abwerten von bestimmten Stadtvierteln sind typische Beispiele der Zeiten von wirtschaftlichen Veränderungen. Taksim boomte nach der Liberalisierung der Märkte und ist nun in einem Tiefflug.
Zurück zum menschlichen Maßstab
Fener und Balat sind nun im Fokus. Glücklicherweise stehen diese Viertel unter Denkmalschutz und da die Häuser und Geschäfte relativ klein sind, erlauben sie keine Umfunktionierung in grosse Supermärkte oder Malls. Das menschliche Maß, das in den letzten 15 Jahren in der städtischen Architektur ziemlich vernachlässigt worden ist, hat mit den neuen Sanierungsprojekten ein Comeback. Da in der jetzigen wirtschaftlichen Lage die großen Investoren in Warteposition verharren, ist der kleine Unternehmer im Moment glücklich hier. Man sieht hier keine ikonischen Projekte, was das Viertel eben so sympathisch macht. Das Viertel lebt, es ist noch eine echte Nachbarschaft, ein guter Nachbar, wie das Thema der diesjährigen Istanbul Biennale lautet.
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Text von: Guiding Architects Istanbul.
Erstes Bild: „A perspective on some of the buildings belonging to Bilgi University, in Istanbul. Copyright: Cemal Emden“.
http://www.santralistanbul.org/en/
https://www.dailysabah.com/feature/2014/12/10/istanbul-restored-and-rebuilt
http://en.istanbul.com/city-life/republican-period-and-new-istanbul.html
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