Kenneth Frampton entdeckt die brasilianische Moderne
Der Architekturhistoriker Kenneth Frampton publizierte 1980 seinWerk “Die Architektur der Moderne, eine kritische Baugeschichte”, ein Meilenstein seines Fachs. Das Buch wurde in 11 Sprachen übersetzt und wird bis heute publiziert. Jede Neuauflage erhält eine komplette Überarbeitung, wodurch das Werk stets an Solidität gewinnt. Die neueste Überarbeitung zeigt eine weniger eurozentrische Welt und betrachtet nun auch afrikanische, asiatische und brasilianische Architektur.
Mit dem Eingeständnis, einen grossen Teil der Erde ausgeschlossen zu haben, wird Kenneth Frampton in dieser Neuauflage zum grössten Kritiker seiner selbst. Gleichzeitig verteidigt er die Überarbeitung seiner Analyse, die nun immerhin kompletterist, mit seiner Aussage “man schreibt nie ‚die‘ Geschichte, sondern viel eher die Geschichte aus der eigenen Sicht”.
Schon modern vor Le Corbusiers Ankunft
Auf Recherche in Brasilien entdeckte Kenneth Frampton, dass das erste moderne Gebäude des Landes vom russischen Immigranten Gregori Warchavchik gebaut wurde. Le Corbusier kam erst zehn Jahre später nach Brasilien. Er wurde von Lucio Costa eingeladen, um ihn beim Entwurf des Ministeriums für Bildung und Kultur zu unterstützen, das lange Zeit als erstes modernes Gebäude Brasiliens betrachtet wurde.
Warchavchik baute sein Haus bereits 1928. Der Architekt hatte Schwierigkeiten mit den Behörden, die den Bau seines ornamentlosen Gebäudes nicht bewilligen wollten. So ergänzte er die Bewilligungspläne mit zusätzlichen Ornamenten. Nach Fertigstellung des Hauses behauptete er schlicht, nicht genügend Mittel zu haben, um diese zu erstellen. Der Entwurf der Villa folgt den fünf Prinzipien der Moderne: Rationalismus, Komfort, Nützlichkeit, Querlüftung und Belichtung. Nach einer aufwändigen Renovierung ist das Haus heute öffentlich zugänglich.
Brasilia – Hauptstadt aus dem Nichts
Nebst Warchavchiks Haus hat Brasilien ein bemerkenswertes und grösstenteils intaktes Erbe moderner Architektur. Oscar Niemeyer, Lucio Costa, Affonso Reidy, Lina Bo Bardi und weitere Architekten der Moderne lebten in einer florierenden Ära mit zahlreichen und aussergewöhnlichen Möglichkeiten. Mit dem Bau der Hauptstadt Brasilia erreichte sie 1960 ihren Höhepunkt. Heute ist die aus dem Boden gestampfte Stadt eine funktionierende Hauptstadt mit 4 Millionen Einwohnern, die sich jeder Architekt einmal anschauen sollte.
Wie Kenneth Frampton befasst sich auch GA Rio de Janeiro mit dem Erbe der brasilianischen Architektur der Moderne und zeigt sie bei den Führungen. Viel mehr als darüber zu lesen, fördert das Erleben des gebauten Raums das Verständnis der Architektur in ihren drei Dimensionen. Verwandle deinen nächsten Urlaub in eine unvergessliche Reise zu Brasiliens architektonischen Juwelen, tauche in die gastfreundliche tropische Kultur ein und buche eine professionelle Architekturführung mit GA Rio de Janeiro.
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Text von Barbara Iseli, von Guiding Architects Rio de Janeiro.
Erstes Bild: “Brazil’s first modern building: Gregori Warchavchik’s house in São Paulo, now open to the public. Copyright: Yves Bruand”.
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