Architektur in Krisenzeiten: Strategien für nachhaltiges Bauen in Barcelona
Spanien ist eines der Länder, in denen die Wirtschaftskrise für den Bausektor besonders gravierende Folgen hatte. Dabei wird der finanzielle Abschwung durch die gegenwärtige Sozial- und Umweltkrise noch weiter verschärft. In einer Zeit der Unsicherheit erprobt eine junge Generation spanischer Architekten neue Wege, Architektur zu denken und umzusetzen, und das unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit, die in ihrer ökologischen, ökonomischen und sozialen Dimension verstanden wird. Wir stellen zwei Beispiele für nachhaltiges Bauen vor, die sich, unterschiedlichen Strategien folgend, für eine Architektur im Dienste der Gesellschaft und der Umwelt einsetzen.
Vil-la Urània – Urbanes Grün als Lebensgrundlage
Der Neubau dieses Bürgerzentrums wurde in einer Residenz aus dem späten 19. Jahrhundert in Barcelonas Stadtteil Sarrià-Sant Gervasi errichtet. Von SUMO Arquitectes + Yolanda Olmo als Fast-Nullenergiegebäude (nZEB) entworfen und 2017 fertiggestellt, sah das Projekt auch die Instandsetzung des kleinen Bestandsgebäudes Vil-la Urània und die Umwandlung des umliegenden Gartens in öffentlichen Raum vor.
Das Projekt erweitert die Gartenfläche in die Vertikale, indem es den Neubau mit einer begrünten, aus verstellbaren Glaslamellen bestehenden Fassade versieht, die nicht nur als thermischer Puffer dient, sondern auch einen Zwischenraum und Ort des Durchgangs, der Begegnung und Kommunikation schafft.
Lleialtat Santsenca – Für eine Architektur der Unvollkommenheit
Bei der Sanierung des ehemaligen, 1927 in Barcelonas Stadtteil Sants erbauten Sitzes der Arbeitergenossenschaft Lleialtat Santsenca zur Nutzung als Stadtteilzentrum handelt es sich um das jüngste – ebenfalls im Jahr 2017 fertiggestellte – Projekt von HARQUITECTES. Das Büro, das Nacktheit und materielle Sparsamkeit zu einer ästhetischen Qualität erhoben und zu seinem Markenzeichen gemacht hat, adressiert Nachhaltigkeit, indem es nur das Notwendige erbaut und dabei historische Bausubstanz maximal respektiert.
Wie im Falle der Vil-la Urània ist das Projekt um eine innere Straße herum organisiert, die dem städtischen Raum Kontinuität verleiht und natürliche Belichtung und Belüftung sowie die Gebäudeerschließung gewährleistet.
Ab sofort können Vil-la Urània und Lleialtat Santsenca im Rahmen unserer Architekturführungen in Barcelona besucht werden. Beide Projekte eint die Idee einer Architektur, die als lebendiger Organismus funktioniert und auf Veränderungen reagieren kann – ob auf wechselnde klimatische Bedingungen oder Nutzungen. Es sind Gebäude, die die Sinne ansprechen und in der Lage sind, intime Räume und Atmosphären zu erzeugen. Als Gegenentwurf zu einer rein spekulativen Architektur vermögen sie es, ermutigende Visionen eines nachhaltigen, an die menschlichen Bedürfnisse angepassten Bauens, zu formulieren.
•
Text von: Stefanie Herr, von GA Barcelona.
Erstes Bild: “Lleialtat Santsenca by HARQUITECTES – The preservation and unvarnished exposure of preexisting materials, colors and surface textures blends with the use of contemporary technology. Copyright: Adrià Goula”.
http://www.sumo-arquitectes.com/catv3/projectes/complex-equipaments-urania/
http://www.harquitectes.com/projectes/centre-civic-lleialtat-santsenca-harquitectes/
Keine Kommentare