Urbane Transformation am Fjord
Oslo, die Hauptstadt Norwegens besteht zu zwei Dritteln aus Wäldern und Gewässern, nur das südliche Drittel der 454 km2 großen Stadtfläche ist bebaut. Das soll auch so bleiben, so schreibt es der übergeordnete Bebauungsplan für Oslo vor. Die Stadtbevölkerung jedoch wächst rasch und daher braucht es mehrere tausend neue Wohnungen pro Jahr, dazu die notwendige Infrastruktur, Angebote für Freizeit und Kultur und Arbeitsplätze.
Nach Westen, Norden und Osten soll die Stadt nicht erweitert werden, im Süden liegt der Fjord. Wohin sich also ausdehnen, wenn kein Baum gefällt werden darf? Die Antwort der Stadtverwaltung: ans Wasser. Darauf hat man sich schon 2000 geeinigt. Schrittweise wurden und werden nun 225 Hektar Hafenareal entlang des Oslofjords mit seinen Containerhäfen, Lagern und Anlegeplätzen zu einer innerstädtischen Zentrumszone mit einer lebendigen Mischung aus Wohnen, Arbeiten, Freizeit und Kultur transformiert. Der Container- und Frachthafen mit einer Kapazität von 400 000 TEU/Jahr zentriert sich nun südlich des Stadtzentrums. Maximale Verdichtung auf den frei werdenden Flächen ist die Devise, sollen doch etwa zwei Millionen neue Quadratmeter entstehen, unter anderem für ca. 9 000 Wohnungen und 45 000 Arbeitsplätze.
Die ehemals unzugängliche Wasserfront wurde Schritt für Schritt zurück erobert. Entlang der Ufer verläuft seit kurzem eine 9 km lange Hafenpromenade, die alle Attraktionen für Bewohner und Gäste der Stadt miteinander verbindet. Spektakuläre Großprojekte norwegischer und internationaler Architekturbüros sind schon entstanden und werden gebaut.
Kultur am Fjord
Auf einer Tour mit Guiding-architects Oslo lernen Gäste einige kennen: Auf Tjyvholmen, einer künstlichen Halbinsel, die in den Fjord hineinragt, liegt das von Renzo Piano geplante und 2012 eröffnete Astrup Farnley Museum. Ganz in der Nähe, auf der Vestbanen, dem ehemaligen Westbahnhof, von dem nur noch das neoklassizistische Eingangsgebäude erhalten ist (heute das Nobel Friedenszentrum, Umbau Architekt David Adjaye) entsteht gerade das neue Nationalmuseum nach einem Entwurf der Berliner Architekten Jan Kleihus und Klaus Schuhwerk. Es soll 2020 fertig sein.
Im östlichen Teil des Hafens entsteht der neue Stadtteil Bjørvika. Sein bekanntestes Großprojekt kann schon seit 2007 bewundert werden: das Oslo Opernhaus der norwegischen Architekten Snøhetta. Ihr markantes Gebäude, eine strahlend weiße begehbare Landschaftsskulptur, stand anfangs noch auf freiem Feld abseits des Stadtzentrums. Sie war der Startschuss und auch das Zugpferd für die urbane Transformation am Wasser. Jetzt gruppieren sich um sie die derzeit wichtigsten Großprojekte der Stadt: Die neue Zentralbibliothek “Deichmanske” (Architekt Lund Hagem & Atelier, Oslo, Fertigstellung 2020), die hohen und schlanken Gebäude des auch international viel beachteten „Barcode“, dessen Masterplan vom norwegischen Büro a-lab and den Holländern MVRDV stammt (Bauzeit 2007-2017),und das neue Munch-Museum (Estudio Hereros, Eröffnung 2020). Von der Oper spaziert man über einen Steg im Wasser zur Halbinsel Sørenga, ein langgestreckte Landzunge mit etwa 970 neuen Wohnungen, an deren Spitze eine öffentliche Badestelle mit Liegedecks und Kinder-, Sport- und Behindertenbecken errichtet wurde.
Seit einigen Jahren ist Oslo ein aufregendes Feld für Architektur und Stadtentwicklung und wird es noch einige Zeit bleiben. Guiding architects Oslo – fachlich geschulte, ortskundige Beobachter der Entwicklung – kennen Hintergründe und Zusammenhänge und zeigen ihren Gästen die Stadt zwischen Wäldern und Fjord, wie man sie nicht alleine entdecken kann.
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Text von Barbara Hasenmüller, von Guide-A, Mitglied von Guiding Architects in Oslo.
Erstes Bild: “The Astrup Fearnly Museum, by Renzo Piano Building Workshop, with the City Hall in the back. Copyright: Henning Nielsen”.
Munch-Museum:
https://www.futurebuilt.no/English/Pilot-projects#!/English/Pilot-projects/The-Munch-Museum-Oslo
Das Neue Nationalmuseum:
Die Neue Deichmanske Bibliothek:
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